Ausgabe 02-2025 I Mittelungen aus den
Arbeitsgemeinschaften, -gruppen, -kreisen
Arbeitsgruppe HNO-Begutachtung
Geschäftssitzung: 30. Mai 2025 I Messe Frankfurt
Tilman Brusis, Köln
Eberhard F. Meister, Leipzig
Die Geschäftssitzung fand anlässlich der 96. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) in Frankfurt/M. statt und wurde mit 25 Teilnehmenden durch Herrn Professor T. Brusis eröffnet. Die Einladungen erfolgten per E-Mail an die Mitglieder, Ergänzungen zu den TOPs lagen nicht vor. Der 21. Geschäftsbericht (2024) wurde in den HNO Informationen, Heft 4/2024 publiziert, letztmalig als print-Version. Seit 2025 erscheint das Heft ausschließlich als eJournal.
Informationen/Neues zur Begutachtung
Eingangs verwies Herr Professor T. Brusis auf einige Aktualisierungen in der BK-Begutachtung. Wegen wiederholten Anfragen zur Anwendung der in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Tabellen für die Hörverlustberechnungen (Tabelle nach Röser 1980 oder modifizierte 2017, Boenninghaus/Röser 1973 oder modifizierte 2015) ging er nochmals unter Verweis auf die entsprechenden Publikationen ein. Bezüglich der Königsteiner Empfehlung 2020 ist es geregelt. Er empfahl für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch bei anderen Gutachten mit Hörverlusten die modifizierten Tabellen zu verwenden, da diese den medizinisch-rechtlichen Fortschritt widerspiegeln. Im Bereich der Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind allerdings weiterhin die alten Tabellen zu verwenden.
Durch den Ärztlichen Sachverständigenrat Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden 2025 neue Berufskrankheiten bzw. Präzisierungen für die BK-Liste vorgeschlagen. Bei COVID-19 unter der BK 3101 betrifft es unser Fach vorwiegend mit den Riech- und Schmeckstörungen, seltener Innenohr, peripheres Vestibularorgan u. a.
Seit 2022 wurde unter Federführung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eine Richtlinie mit Begutachtungsempfehlungen für eine Long-/Post-COVID-Erkrankung als BK bzw. Arbeitsunfall erarbeitet. Unsere Arbeitsgruppe erstellte hierzu 09/2024 eine Stellungnahme. Die Richtlinie wurde 12/2024 in Berlin der Fachöffentlichkeit vorgestellt (s. a. Geschäftsbericht 2024). Das Präsidium der DGHNO-KHC stimmte dieser Richtline 02/2025 zu. An dieser Stelle ist dem Engagement von Frau PD Dr. G. Schneider, Jena und Frau OÄ Dr. A. Fazel, Kiel aus unserer Arbeitsgruppe zu danken.
Redaktionelle Ergänzung: Die Richtlinie wurde am 24.06.2025 von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) veröffentlicht und ist in der Publikationsdatenbank der DGUV unter Webcode: p022698 einsehbar.
Auch in unserem Fachgebiet ist die Begutachtung zu Long/Post-COVID als BK bzw. Arbeitsunfall angelaufen. Eine ad-hoc-Umfrage ergab, dass von 7 Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe erste Gutachtenaufträge erledigt wurden. In der Diskussion wurde nochmals auf die zwingende SDI-Score-Bestimmung mit dem 16er Sniffin Sticks-Testbesteck hingewiesen zur Unterscheidung Hyp-/Anosmie. Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen besteht bei COVID-bedingten Riechstörungen eine hohe Heilungstendenz, so dass in der Erstbegutachtung eine Befristung zu diskutieren ist. Bei einer Test-Neuanschaffung kann im Einzelfall eine finanzielle Unterstützung durch den Gutachter bei der erstmaligen Auftragserteilung beim UV-Träger beantragt werden. Interessenten an der Begutachtung sollten aktiv an die (regionale) BGW herantreten und ihre Bereitschaft erklären. Die Aufnahme in die Gutachterdatenbank ist nach wie vor schwierig wegen formalen Problemen einer Rubrizierung innerhalb der BK 3101. Angesichts der Verdachtsanzeigen in 2022 von knapp 300.000 Fällen und in 2023 von 66.000 Fällen sind HNO-seits öfters Begutachtungen zu erwarten (s. a. Geschäftsbericht 2024).
Zur Überarbeitung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beim BMAS – s. letzte Geschäftsberichte. Der Sachverständigenrat hat nach ersten Informationen Sitzungstermine für die Arbeitsgruppe HNO für Ende 2025/Anfang 2026 eingeordnet. Unsere finalisierten Vorschläge aus der HNO/Phoniatrie/MKG-Arbeitsgruppe liegen vor, einschließlich zu den modifizierten Hörverlusttabellen. Diese sind Ausdruck des medizinischen Fortschrittes, am deutlichsten beim Cochlea-Implantat, das in der Regel zu einer normalen, alltagstauglichen auditiven Hör- und Sprachentwicklung und demzufolge zur deutlich geringeren Beeinträchtigung der Kommunikation in Übereinstimmung mit den ICF-Kriterien führt. Diese Entwicklung sollte den Betroffenen nicht vorenthalten werden und muss sich auch in den VMG widerspiegeln.
Organisatorisches, Aktivitäten im Sinne der Arbeitsgruppe
Mitglieder unserer Arbeitsgruppe vertraten regelmäßig die HNO-Belange in verschiedenen Gremien und Expertengruppen und engagierten sich speziell für die gutachterliche Fort- und Weiterbildung, einschließlich zahlreicher Veröffentlichungen. Andere sind im Sachverständigenrat der Gütestelle einer Ärztekammer aktiv. Da uns öfters solche Aktivitäten nicht bekannt sind, bitten wir um eine kurze Information, persönlich oder per Mail. Diese Arbeit ist meist zeitintensiv, weshalb den Kolleginnen und Kollegen ein besonderer Dank gebührt.
Hierzu stellte Herr Prof. E. Meister weitere Aktivitäten vor:
Im Oktober 2024 wurde in Mannheim das Gutachtenfachmodul III, Teil A für den Erwerb: Neurootologe/BVHNO als Gemeinschaftsprojekt der DGHNO-KHC und des BVHNO erfolgreich durch Mitglieder unserer Arbeitsgruppe durchgeführt. Weiterhin wurden die HNO-Akademie (DAHNO-KHC) der DGHNO-KHC, regionale HNO-Verbände, Ärztekammern und andere Veranstalter mit Vorträgen und Seminaren zu Begutachtungsfragen unterstützt. Generell wird HNO-Gutachternachwuchs gesucht, die Arbeitsgruppe unterstützt entsprechende Bemühungen und vermittelt ggf., soweit uns Interessenten bekannt sind, auch Gutachter. In diesem Zusammenhang ist es jedem Gutachter zu empfehlen, sich nach Erwerb der genannten gutachterlichen Qualifizierungen in die frei verfügbare Internet-Gutachterdatenbank beim BVHNO bzw. bei der DGUV eintragen zu lassen. Auch einzelne Landesärztekammern führen Gutachterverzeichnisse.
Unsere langjährige Zusammenarbeit mit der DGUV zu Rahmenbedingungen, -anforderungen, Richtlinien u. ä. in der Begutachtung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen wurde fortgesetzt. Wir unterstützten aktiv mehrfache Anfragen bezüglich geplanter Arbeitsgremien zu Gutachtenfragen z. B. in der DGUV.
Die Honorierung nach der UV-GOÄ wird zunehmend nicht mehr zu festen Terminen (z. B. 01.01. p. a.) angepasst, wobei ein „etwa-Inflationsausgleich“ eingeführt wurde. Es wird jedem Gutachter empfohlen, seine Abrechnungen entsprechend Internet (www.kbv.de, www.dguv.de) aktuell zu halten. Inwieweit die Abrechnungsprogramme der Praxissoftware evtl. automatisch die UV-GOÄ-Änderungen abbilden, muss ebenso jeder selbst prüfen.
Nach der letzten Erhöhung 2021 wird die Honorierung nach JVEG erfreulicherweise per 01.06.2025 angepasst: M1 jetzt 87 €, M2 jetzt 98 €, M3 jetzt 131 € je pro Stunde. Wie immer gilt das Auftragsdatum.
Mit der Fachgesellschaft Interdisziplinäre Medizinische Begutachtung (FGIMB) wurde die Zusammenarbeit fortgesetzt. Bei Interesse an interdisziplinären Gutachten ist es für den einzelnen HNO-Gutachter empfehlenswert, lokal den Kontakt mit einem Institut für medizinische Begutachtung (IMB) zu suchen.
Die Arbeitsgruppe erhielt auch im vergangenen Geschäftsjahr Anfragen zu Gutachterqualifizierungen und zum Eintrag in Gutachterdatenbanken (s. a. oben), zu einzelnen BK, zu Abrechnungsfragen, zu gutachterlichen Fragen von Institutionen oder Privatpersonen an die DGHNO-KHC sowie von Auftraggebern zur Vermittlung von Gutachtern. Wir bemühen uns um zügige Antworten aus unseren Erfahrungen, können jedoch umfänglichere Recherchen nicht durchführen. Öfters können wir zu einem speziellen Gutachtensachverhalt auf die Veröffentlichungen in den Reihen: „Aus der Gutachtenpraxis“ in der Laryngo-Rhino-Otologie (Thieme-Verlag) bzw. auf die „Gutachtertätigkeit“ in der HNO (Springer-Verlag) verweisen. Einiges bringen wir auch in die Diskussion zur Geschäftssitzung ein und bitten deshalb laufend um entsprechende Vorschläge.
Neu erschienene Literatur (Auswahl)
• Die Neuauflage (3.) der Reichenhaller Empfehlung (HNO: BK 4301, chronische Rhinopathie - s. Geschäftsberichte 2023 und 2024) befindet sich jetzt im Druck
• Regelmäßige Rubrik „Gutachten und Recht“ in der LaryngoRhino-Otologie bzw. „Gutachtertätigkeit“ in der HNO
• IAG-, IFA-Berichte, BK-Reporte und a. Literatur seitens der DGUV: über www.dguv.de
• Fritze: Die Ärztliche Begutachtung. 9. Aufl. 2025
• Michel: Gutachten in der HNO. Springer 2024
• Schönberger / Mehrtens / Valentin: Arbeitsunfall und Berufskrankheit. 10. Aufl., E. Schmidt 2024
• Oberst /Schmidt: Medizinische Begutachtung für Einsteiger. Springer 2023
Verschiedenes und Termine
Auch 2026 findet wie immer Anfang Februar in Jena das HNO-Gutachterkolloquium und das Anfängerseminar statt.
Unsere nächste Geschäftssitzung ist anlässlich der 97. Jahresversammlung 2026 in Ulm geplant. Wir bitten um zahlreiche Teilnahme.
Bei Interesse an einer Mitarbeit in der Arbeitsgruppe sowie Fragen senden Sie bitte eine E-Mail an:
prof-meister@t-online.de
Anschriften der Verfasser:
Prof. Dr. med. Tilman Brusis
Vorsitz AGru HNO-Begutachtung
Rautenstrauchstr. 72a, D-50931 Köln
E-Mail: prof-brusis@t-online.de
Prof. Dr. med. Eberhard F. Meister
Vorsitz AGru HNO-Begutachtung
Institut für Begutachtung
PF 221110, D-04131 Leipzig
E-Mail: prof-meister@t-online.de